Interview
Auf dieser Homepage wurden die Bücher von Sylvia Grünberger vorgestellt. Wer allerdings ist die Person hinter den Geschichten? Eine junge Journalistin ließ sich auf ein Gespräch mit der Autorin ein und suchte Antworten auf einige ungeklärte Fragen …
Elisabeth Ecker:
Frau Grünberger, die Leser Ihrer Romane kennen Sie als Krimiautorin. Aber eigentlich haben Sie Ihre schriftstellerische Laufbahn mit dem Schreiben von Kindergeschichten begonnen. Wie kam es dazu, dass Sie sich zunächst den kleinsten Lesern zugewandt haben?
Sylvia Grünberger: Kleineren Kindern Geschichten zu erzählen birgt einen eigenen Reiz. Man kann sie sehr leicht ‚mitnehmen‘, um mit ihnen in eine Welt der Fantasie einzutauchen. Es bedarf keiner Erklärungen, wie bei älteren. Dass sich Spielsachen lautstark aufregen, Bäume träumen, Katzen reden oder das Gänseblümchen Sonja neugierig ist und nicht einschlafen will, ist für die Kleinen genauso selbstverständlich wie ein grünes Waldgespenst, das mit einem Wichtelmännchen befreundet ist.
EE: Heute schreiben Sie Krimis, die dem Genre ‚Suspense‘ zu zuschreiben sind. Viele Menschen finden diesen Umstieg weg von den Kindergeschichten bestimmt überraschend. Gab für diese starke Veränderung einen Grund?
SG: Nachdem das Kinderprogramm in Radio Wien eingestellt wurde, habe ich für eine Zeitschrift Kindergeschichten geschrieben. Die Chefredakteurin hat mich angerufen und gemeint, ich solle auch Lovestorys schreiben. Nach einiger Zeit hat es mich gereizt nicht nur fantasievolle, liebliche oder emotionsgeladene Geschichten mit Happyend zu schreiben, sondern dazwischen auch etwas Hinterhältiges zu verfassen, das undurchsichtig oder böse endet. Dadurch hat sich dann allmählich die Richtung zum Krimi entwickelt.
EE: Was finden sie denn spannender? Geschichten für Kinder zu erfinden, oder im Genre ‚Suspense‘ zu schreiben?
SG: ‚Suspense‘, denn es bietet dem Autor Gelegenheit seine Kreativität facettenreich zu entfalten und vielschichtig einzusetzen. Bei einem Krimi oder Thriller ist es nicht nur wichtig Spannung zu erzeugen und die einzelnen Handlungsstränge stimmig aufzubauen, sondern es geht auch darum Logik, menschliche Abgründe, Zivilcourage, Emotionen, verschiedenartige Interessensgebiete, überraschende Aspekte einzuarbeiten. Das Ziel ist eine dichte Atmosphäre zu schaffen, die fesselt, Resonanz beim Leser erzeugt und in seinen Gedanken ein Nachklingen verursacht.
Im Grunde genommen schreibe ich so, wie ich es selber gerne lesen möchte.
EE: Wenn Sie selbst einen Krimi lesen, was ist Ihnen da besonders wichtig?
SG: Eine temporeiche Handlung, flüssig und spannend erzählt, mit logischen Schlussfolgerungen, einem Schuss trockenem Humor, Lösungen gedanklich nachvollziehbar und nicht unmotiviert aus dem Hut gezaubert. Zusätzlich erwarte ich mir auch etwas Neues zu erfahren, über ein Fachgebiet, eine Örtlichkeit oder ähnliches, wodurch ich sozusagen etwas dazulerne.
EE: Wenn Sie fremde Kriminalromane lesen und diese im Vergleich zu Ihren eigenen Werken setzten, was stört Sie an anderen Autoren?
SG: Was ich nicht sonderlich schätze sind depressive Protagonisten, die ständig in einer düsteren Stimmung eigenen Problemen nachhängen. Vor allem in etlichen skandinavischen Krimis sind die Ermittler zu oft geschieden, gescheitert und Säufer. Ich mag auch keine Thriller mit Serienmördern mehr lesen. Seit dem Erfolg von Thomas Harris (Schweigen der Lämmer, Hannibal) glauben leider viel zu viele Autoren sie müssten ihn übertreffen. Also noch brutalere Serienmorde, noch grauslicher, noch grotesker und mit den absurdesten Motiven, die bizarr konstruiert wirken. Dieser Trend ist ausgeschöpft und Krimileser greifen wieder zu Romanen die schlüssig aufgebaut sind und in denen statt in ekelerregenden Szenarien zu baden, mitdenken gefragt ist.
EE: Wenn man im Gegensatz zu dem typischen, weiblichen Krimirollenbild ihre Romane betrachtet wirken für mich die weiblichen Hauptfiguren immer selbstbewusst…
SG: …und sie handeln alle aktiv! Auch die Kinder. Ich finde es einfach schrecklich - wie man es vor allem in alten amerikanischen Filmen oft sieht -, wenn Frauen in ihren Handlungen passiv dargestellt werden. Da steht die Schöne und schaut bewegungslos dabei zu wie ihr Beschützer, also der Held, gegen den Bösen kämpft. Falls er verliert geht’s ihr an den Kragen, aber sie greift nicht ein. Klar weiß man als Zuschauer, dass der Held – vorausgesetzt er spielt eine Hauptrolle - letztlich gewinnen wird. Obwohl dieses Frauenrollen-Klischee längst überholt ist, hat sich das anscheinend leider noch nicht bei allen herumgesprochen. Dabei gab es schon in den alten Western die Oma mit der Winchester als Sympathieträgerin.
Meine Protagonistinnen sind zwischen 25 und 30 Jahren, selbstbewusst, couragiert, und wie gesagt aktive Persönlichkeiten. Sie üben Berufe aus, die sie mögen und in denen sie gut sind. Es geht nicht um Gleichberechtigung, weil ich überzeugt bin, als Frau muss man einen eigenen Weg finden, um sich durchzusetzen. Das gilt vor allem für eine männlich besetzte Domäne.
EE: Oft spricht man davon, dass jeder Autor ein Stück von sich selbst in seinen Romanen einbaut. Wie ist das bei Ihnen? Wie viel „Sylvia Grünberger“ steckt in Ihren Figuren?
SG: Ich schätze, das lässt sich bis zu einem gewissen Grad nicht vermeiden. Eigene Gedanken oder Ansichten fließen einfach in die erzählten Geschichten ein und zwar nicht nur in die erfundenen Charaktere, auch in Beschreibungen von Orten oder Situationen. Selbst wenn man sich noch so sehr bemüht etwas aus der Perspektive einer bestimmten Figur zu beschreiben, die eigene Sichtweise lässt sich nicht völlig ausblenden.
EE: Wie ist das beim Bösen schlechthin? Wenn schreckliche Handlungen und abgrundtief schlechte Täter, gerade in der Krimi- und Thrillerbranche, in den Büchern vorkommen? Steckt auch hier ein wenig vom Autor darin?
SG: Sicher, allerdings hat es auf andere Weise mit dem Autor zu tun. Der Täter bringt sein Opfer dann in Situationen, die der Autor als furchterregend empfindet.
EE: Wann ist bei Ihnen eigentlich der Wunsch erwacht Geschichten zu schreiben und in welcher Weise entwickeln Sie den jeweiligen Plot? Dient Ihnen als Basis ein reales Geschehen oder Ihre Fantasie?
SG: Wenn mir als Kind ein Buch gefallen hat, habe ich mir immer ausgedacht was weiter passieren könnte. Meinen ersten Roman habe ich mit zwölf in ein Schulheft geschrieben. Es ging um Jugendliche in einer Gruppe, die den Sommer am Wörthersee verbrachten. Die Geschichte war übrigens erfunden, nicht authentisch!
Obwohl ich meist Örtlichkeiten die ich kenne beschreibe, ist das bei Personen nie der Fall. Ich erfinde meine Figuren, gebe ihnen Namen, Aussehen, Charakter und eine Vergangenheit. Doch sobald sie mit bestimmten Konstellationen konfrontiert werden, entwickeln sie ein Eigenleben. Der grob skizzierte Plot nimmt dann oft – selbst für mich - eine überraschende Wendung, weil manche Charaktere starrsinnig reagieren oder sich richtiggehend weigern bestimmt Handlungen auszuführen.
Manchmal ergibt sich eine enge Beziehung zu einigen Figuren und es fällt schwer, sich von diesen vertrauten Freunden wieder zu trennen, - dann entstehen Serienromane.
Und damit schließt sich gewissermaßen der Kreis. – Wenn mir eine Geschichte gefällt, denke ich mir eine Fortsetzung aus.
EE: Danke für das Interview.
Das Interview führte Elisabeth Ecker.
Sie arbeitet seit über einem Jahr als freie Mitarbeiterin für die Bezirksblätter Hollabrunn. Auch im Rahmen ihrer eigentlichen Ausbildung, Studentin Medienmanagement auf der Fachhochschule St. Pölten, unterstützt sie das studentische Ausbildungsmedium „SUMO“. Unter dem Künstlernamen ElisE verfasst sie außerdem literarische Texte, hauptsächlich im Bereich der Fantasy- und Horrorliteratur, aber auch Theaterstücke, wie etwa für das Ensemble Theater Oberhöflein.
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